Blogger Workshop - Manifest - Microsoft, Unter den Linden.Am 15.07.2015 konnte ich mit Thorsten Hübschen, Co-Autor des Buches „Out of Office“, ein Interview zum Thema „New Work“ führen.

Dr. Thorsten Hübschen, verantwortlich für Produktivität 4.0 mit Office, Yammer und Skype bei Microsoft Deutschland, wurde im August 1974 geboren – exakt acht Monate bevor Bill Gates Microsoft gründete. Aufgewachsen zwischen Rechenzentrum und C++, promovierte er in reiner Mathematik (Funktionentheorien) mit Nebenfach Informatik. Zuletzt bei McKinsey im Business Technologie Office tätig, treibt er nun als Direktor der Microsoft Office Division seine Vision für die Arbeitswelt der Zukunft voran. Mit Office Graph will Thorsten Hübschen Unternehmen als agile Netzwerke für Kunden, Mitarbeiter und Produktinnovationen dezentral und transparent zusammenführen. Im Mai 2014 veröffentlichte er gemeinsam mit Autor Markus Albers das „Manifest für ein neues Arbeiten“. Im Mai 2015 folgte das Buch „Out of Office – Warum wir die Arbeit neu erfinden müssen“, welches er zusammen mit Dr. Elke Frank, Mitglied der Geschäftsleitung von Microsoft Deutschland und Senior Director Human Resources, geschrieben hat. Auf Twitter findet man ihn unter @ThorHuebschen

Jörg Dirbach: Microsoft engagiert sich sehr stark im Bereich „New Work“. Auch den Begriff „Wissensarbeit“ hat Microsoft schon vor mehreren Jahren immer wieder verwendet. Was ist der Grund für dieses starke Engagement?

Thorsten Hübschen: Im Mai 2005 hatte Bill Gates ein Memo mit dem Titel „New World of Work“ veröffentlicht. Das war die Zeit des klassischen PCs mit Office 2003 und Windows XP, in der es im Wesentlichen noch darum ging, Papierdokumente zu erstellen oder Dinge, die man früher auf Papier erstellt hat, jetzt auf dem Computer zu erzeugen. Diese Phase hatte damals ihren Höhepunkt erreicht und es war klar, dass der nächste Produktivitätsschub nicht mehr dadurch passieren kann, dass man die Arbeit mit Papier und Drucker weiter optimiert, sondern dass sich diese Kurve jetzt abflacht. Es war absehbar, dass eine wirklich neue Produktivitätssteigerung aus der Wissensarbeit selbst kommen würde. Die alte Art von Arbeit würde ich eher noch als Informationsarbeit bezeichnen. Dabei sind die Mitarbeiter in gewisse Prozesse eingebunden, die zwar etwas mit Wissen und Daten zu tun haben, die Abläufe sind jedoch sehr weit vorgegeben und bestehen oft aus Routinetätigkeiten, wie zum Beispiel dem Ausfüllen von Formularen und dem Ausdrucken von Dokumenten.

Der Schritt in die Wissensarbeit bedeutete damals auch ein radikales Neudenken. Microsoft wollte nicht mehr nur Tools entwickeln, um möglichst gut Texte zu erfassen und diese dann auszudrucken. Um diesen neuen Fokus deutlich zu machen, haben wir unsere Office-Sparte damals in „Productivity Solutions“ umbenannt. Wissensarbeit benötigt Tools, die im Wesentlichen die Denkvorgänge von Menschen und die Kommunikation von Menschen mit Menschen und von Menschen mit Maschinen optimal unterstützt. Das war der Kerngrund dafür, dass Bill Gates in diesem Memo den weiten Bogen über die neue Art der Arbeit gespannt hat.

„New World of Work“ bedeutet, dass die Zukunft der Arbeit, die in Büros stattfindet, Wissensarbeit sein wird und aus kommunikativen Denkprozessen und sozialen Interaktion besteht. Deswegen müssen wir die Art, wie wir im Büro arbeiten, komplett neu denken. Das betrifft auch ganz stark die Technologie. Damit wurde der Grundstein für das Wort „New Work“ gelegt.

Bei den Produkten von Microsoft war der Auftakt dafür Office 2007. Dies war die erste Office Suite, in der mit dem „Office Communication Server“ – der Vor-Vorgänger von „Skype for Business“ – auch Kommunikationssoftware enthalten war. Es war das erste Mal, dass man mit dem Rechner und Standardsoftware über das Internet telefonieren konnte.

In den zehn Jahren seit 2005 ist der Ansatz – Entwicklung von Lösungen für Wissensarbeit – massiv vorangeschritten. Heute sprechen wir nicht mehr nur über Technologie, sondern auch über Raumarchitektur. Wir diskutieren viel mit Architekten darüber, wie Bürogebäude gebaut werden sollen, um Wissensarbeit optimal zu unterstützen. Auch bieten wir mit Surface Hub mittlerweile auch Hardware an. Seit sieben Jahren baut Microsoft auch seine eigenen Bürogebäude genau nach diesen Prinzipien. Das hat angefangen mit Amsterdam, Wien, Sydney, Lissabon. Das sind alles Bürogebäude, die nach den Konzepten des „New Work“ umgebaut wurden. In Deutschland bauen wir gerade die neue Firmenzentrale in Schwabing, die auch nach diesen Konzepten gebaut wird. Das betrifft nicht nur Technologie, sondern auch die unterschiedlichen Arbeitszonen. Die entscheidende Frage ist doch, welche Büroumgebung braucht man für Denkprozesse, für Telefonate, für Teamarbeitsprozesse und welche für Einzelarbeitsprozesse?

Auch die organisatorischen Rahmenbedingungen werden bei uns intensiv diskutiert. Wie führt man eigentlich solche Wissensarbeiter und wie müssen Rahmenbedingungen von Führung und Organisation gestaltet werden? In all diesen Themen sind wir in Gesprächen mit Kunden beteiligt. Früher ging es oft nur darum, wie schnell kann Microsoft 10,000 Stück Office-Pakete liefern. Heute ist der Wunsch vieler Unternehmen, Microsoft als Diskussionspartner dabei zu haben, um zu verstehen, wie Microsoft den neuen Arbeitsstil selbst umsetzt, da auch sie die Art, wie sie arbeiten, verändern wollen. Das ist der Grund warum aus dem Kerngeschäft, das Microsoft seit 40 Jahren macht, sehr natürlich der Weg in dieses neue Arbeiten kommt.

Sie haben also auch als Unternehmen den Wandel mitgemacht. Im Jahr 2005 waren die Ansprechpartner bei den Kunden die IT-Leiter, die viele Office Lizenzen kaufen mussten, und heute sind es die Geschäftsführer, die möchten, dass die Mitarbeiter in der R&D-Abteilung produktiver arbeiten und innovativere Produkte entwickeln.

Ganz genau. Das ist der Wandel, der sich mit der Art der Produktivität ganz natürlich ergibt. Früher bedeutete Produktivität tatsächlich schnellere Büroarbeit zu machen. Die Anzahl der Briefe pro Tag als Messgrösse war eine einfache Produktivitätskennzahl. Die Lösung mit dem Wandel von der Schreibmaschine zum PC hat die Anzahl von Briefen pro Tag verzehnfacht. Das gleiche gilt für Excel-Berechnungen oder für Datenbanken mit Access. Man hat die Business Cases gar nicht gerechnet, weil sie so augenfällig waren und meist klar war, dass ein Produktivitätsfaktor von Zehn einfach zu erreichen ist. Die IT-Leiter mussten die Tools einfach nur beschaffen.

Genau das flachte dann so ab 2005 ab. Es gab keine Schreibmaschinen mehr, alle haben mittlerweile einen PC benutzt und damit war dieses Wertschöpfungspotential erstmal ausgereizt. Dann hat sich die Diskussion wieder verschoben, weil die Unternehmensleiter oder Fachbereichsleiter sich selbst fragten, was ist denn der nächste Produktivitätsschritt. Als Produkthersteller oder Dienstleister können sie diese Diskussion dann nicht mehr mit der IT führen, sondern müssen mit der Business-Seite nach Lösungen suchen.

Sie haben zusammen mit Dr. Elke Frank das Buch „Out of Office“ geschrieben, das im April 2015 publiziert wurde. Schreiben eines Buches bedeutet ja auch einen hohen Zeitaufwand. Was war Ihr Ziel mit diesem Buch?

Da ist uns tatsächlich auch ziemlich mulmig geworden, als wir den Vertrag mit dem Verlag unterschrieben haben. Ab diesem Zeitpunkt war klar, dass die Uhr tickt und wir bis Ende Februar das Manuskript abgeben mussten. Im August 2014 waren die Gespräche mit Redline so weit, dass wir sagten, das war ein Projekt, dass der Verlag auch unterstützt und für sinnvoll hält. Dann haben wir im August angefangen, zu schreiben. Dr. Elke Frank und ich haben es in sechs bis sieben Monaten zusammen geschafft. Das war tatsächlich auch sehr arbeitsaufwändig. Teilweise konnten wir das innerhalb unseres Jobs machen. Aber einen Grossteil haben wir vor allem an den Wochenenden geschrieben. Uns beiden war klar, wir wollten das Buch im Frühjahr 2015 herausbringen, weil das Thema immer mehr an Aktualität und Relevanz bekommen hat. Deshalb war es immer unser Ziel, das Buch muss jetzt auf den Markt, weil wir beide hofften, dass es ein wertvoller Debattenbeitrag sein würde.

Die Idee zu dem Buch ist entstanden, als Dr. Elke Frank als Personalchefin und ich als Verantwortlicher des Office Geschäfts in unseren Kundenvorträgen in letzter Zeit gemerkt hatten, dass wir von zwei verschiedenen Perspektiven nahezu über die gleichen Themen redeten. Ich habe viel über den Wandel der Arbeit zu Wissensarbeit aus technologischer und Businessperspektive gesprochen: Was passiert in den Unternehmen und in der Volkswirtschaft eigentlich? Was sind das für Technologien, die das unterstützen? Elke Frank hat das mehr von der Personal- und Organisationsseite betrachtet: Was muss man auf dem Personalmarkt im Recruiting tun? Wie sehen Arbeitsumgebungen für Mitarbeiter aus, um optimal Wissensarbeit tun zu können? Wie sehen Führungsstrukturen aus, die man für Wissensarbeiter braucht? Durch Zufall haben wir dann gemerkt, dass wir fast deckungsgleiche Vorträge halten, die sich nur in der Perspektive unterscheiden.

Die beiden Perspektiven sind auch nicht zu trennen. Wir haben Kunden gesehen, die zum Beispiel Social Enterprise Technologien wie Yammer eingeführt haben und damit in einem ersten Versuch grundsätzlich gescheitert sind. Der Grund dafür war, dass die Unternehmens- und Führungsstrukturen den Rahmen dafür gar nicht gegeben haben. In einer Unternehmenskultur, in der man sich entweder nicht duzt, oder in der grosses Misstrauen herrscht, brauchen Sie mit Social Tools gar nicht anzufangen. Wenn das Teilen von Information und die Transparenz über Aktivitäten und Information im Unternehmen gar nicht in der Organisation gewünscht sind, dann können sie das beste Tool installieren aber der Erfolg wird ausbleiben. Auf der anderen Seite hatten wir Firmen getroffen, die auf der Personalseite ganz moderne Dinge tun wollten um junge Talente anzulocken, aber über eine alte und unkomfortable Arbeitsumgebung verfügten. Ihre Arbeitsplätze und ihre Rechner waren absolut nicht mehr zeitgemäss, so dass viele Talente in der Probezeit gesagt haben, hier will ich nicht arbeiten und wieder gegangen sind. Wir haben diese beiden Perspektiven zusammengebracht und waren uns sofort einig dieses Buch zusammen zu schreiben um beide Perspektiven zu integrieren. Das ist genau die Problematik vor der unsere Kunden stehen und so ist das Buch entstanden.

Im Buch „Out of Office“ beschreiben Sie wie Technologie, Orte und Menschen zusammenpassen müssen, damit Wissensarbeit produktiv wird. Ein Zitat aus Ihrem Buch unterstreicht diese Forderung: „Wenn die Zahl der sogenannten Wissensarbeiter ansteigt, wenn es die Wissensarbeiter sind, die für die Wertschöpfung eines Unternehmens verantwortlich sind – dann sollte die Arbeit an die Bedürfnisse der Wissensarbeiter angepasst werden.“ Wo stehen heute die Unternehmen hier in Deutschland?

Den jetzigen Zustand kann man am besten mit dem Begriff „Ungleichzeitigkeit“ beschreiben. Wenn ich mir aktuell viele Unternehmen in Deutschland anschaue, ist das Thema Wissensarbeit überall in der einen oder anderen Form auf der Agenda. Allerdings unterscheidet sich der Entwicklungsstand zwischen den einzelnen Unternehmen gefühlt teilweise um bis zu 10 bis 20 Jahre – d.h. Wissensarbeit ist überall ein Thema, nur der Umdenkprozess steckt in sehr verschiedenen Reifegraden. Das ist insofern bemerkenswert, da die Erkenntnis in manchen Nischen schon sehr alt ist. Als Berater bei McKinsey hatte ich zwischen 2001 und 2005 viele Technologieprojekte bei Finanzdienstleistern begleitet. Dort war es so, dass die Investmentbanker die besten und teuersten Workstations und Tools bekommen haben. Da war immer klar, die Kosten spielen für die Ausstattung von Arbeitsplätzen für Investmentbanker überhaupt keine Rolle. Egal ob das 100‘000 EUR gekostet hat, es wurde einfach gekauft. Da war das Bewusstsein immer vorhanden, dass diese Mitarbeiter die direkte Wertschöpfung darstellen und die direkte Konsequenz war, sie bekommen die beste IT, die sie wollen. Das gab es in den Banken dann auch immer eine Zwei-Klassen-IT. Es gab die IT für die Investmentbanker, die alles bekommen haben. Dann gab es die IT für den Rest. Das waren meist 90 Prozent der Mitarbeiter. Bei ihnen wurde auf die Kosten geachtet. Diese Betrachtung, dass es eine gewisse Population von Mitarbeitern gibt, bei denen die Kosten im Vergleich zur Wertschöpfung keine Rolle spielen, gibt es in jedem Unternehmen in verschiedener Ausprägung. Das sind zum Beispiel die Vorstände oder die Chefärzte im Klinikum. Diese Population gibt es immer. Insofern ist der Satz zur Anpassung der Bedürfnisse an die Wissensarbeiter, wenn man ihn auf eine bestimmte Art von Berufen oder Funktionen einschränkt, eine altbekannte Sache. Was neu ist, ist aus meiner Sicht, dass sich diese Aussage nicht mehr auf spezifische Berufe, die zehn Prozent der Belegschaft ausmachen, beschränken lässt. Wir haben den Punkt erreicht, dass dies auf 50 Prozent oder mehr der Belegschaft zutrifft. Und das ist der wirkliche Kern des großen Umdenkens, welches den „Digitalen Wandel“ kennzeichnet. Die Unternehmen in Deutschland müssen das gerade noch verdauen und viele beginnen auch erst jetzt dies zu realisieren. Die wesentliche Wertschöpfung eines Automobilherstellers wurde – neben den immer schon brillanten Entwicklungsleistungen der Ingenieure und Designer – vor allem durch die Fertigungsstraße selbst erbracht. Die IT war meistens eher ein Arbeitsmittel, das nicht primär den Menschen diente, sondern den Prozessen. Jetzt erfolgt eine Umkehrung. Die Prozesse laufen hochautomatisiert ab, da braucht man nur noch wenig menschliche Mithilfe in den eigentlichen Produktionsprozessen. Die IT dient jetzt dazu, die Menschen, die Wissensarbeiter produktiver zu machen. Dieser Zusammenhang zwischen einerseits „Industrie 4.0“ und andererseits Wissensarbeit kommt gerade mit voller Wucht in den großen Unternehmen an. Und nicht nur im Industriesektor, sondern auch genauso im Dienstleistungssektor, man denke nur an die Finanzdienstleister. Es gibt, wie gesagt, kleine Unternehmen, die immer in Branchen waren, in denen das schon immer galt. Das sind Unternehmensberatungen oder Anwälte, die von den Mitarbeiteranzahlen her klein waren. Bei den grossen Unternehmen mit vielen Mitarbeitern ist das noch neu. Das lässt sich gut an der Anzahl der Verwaltungsmitarbeiter festmachen. Diese machen ein Grossteil der Belegschaft aus. Früher hat man diese nicht als Wissensarbeiter gesehen und man hat viel mehr auf Kosten als auf Wertschöpfung geachtet. Das ändert sich gerade. Es gab die erste Welle mit den hochwertschöpfenden Teilen der Belegschaft wie Investmentbanker, Anwälte oder Ärzte. Die zweite Welle kam dann in den 90er Jahren mit dem „War for Talent“. Damals wollte man einen neuen jungen Talentpool für die Unternehmen gewinnen und musste die Mitarbeiter anreizen, egal auf welcher Funktion die damals arbeiteten. Man musste ihnen vernünftige Arbeitsbedingungen und Rechner anbieten. Dann gab es zehn Jahre, während der es etwas ruhiger geworden ist. Und jetzt kommt unter dem Begriff „Digitalisierung“ die wirklich große Welle, mit der völlig klar wird, dass wir mittlerweile eine Struktur von Erwerbstätigen haben, die mehr als die Hälfte Wissensarbeit ausführt. Leider sind aber viele Prozesse noch eher industriell bzw. tayloristisch geprägt und unterstützen Wissensarbeit nur unzureichend.

Auf Seite 200 Ihres Buches befindet sich für mich eine der Schlüsselaussagen. Sie schreiben: „Wir sollten detaillierte Vorgaben der Arbeitsmethode vermeiden, die exakte Festlegung von Ort und Zeit der Arbeitsleistung, die extrem kleinteiligen Arbeitsaufgaben, eine Einbahnstrassen-Kommunikation und Vorgaben, deren Zusammenhang mit dem Unternehmensziel für den Mitarbeiter nicht zu erkennen sind – kurz alles was den Methoden der Industrialisierung entspricht, sollten wir vermeiden, damit nicht aus einem industriellen Taylorismus ein digitaler Taylorismus wird.“ Organisation und Führung wird ja immer vom Management eines Unternehmens geprägt. Das Management bestimmt ja letztendlich die Kultur, den Freiraum von Wissensarbeitern. Sind die Manager auf diese Anforderungen überhaupt vorbereitet?

Auch da sehe ich wieder eine hohe „Ungleichzeitigkeit“ von Rahmenbedingungen oder Zuständen. Meine Erfahrung ist, dass es keine Frage des Alters ist, ob ein Manager geeignet oder gewillt ist, die neue Art des Arbeitens zuzulassen und zu unterstützen. Ich konnte bisher nicht beobachten, dass es unter den Managern Alterskohorten gibt, bei denen die älteren Manager das nicht können und die jüngeren Manager genau das unbedingt wollen. Eher sehe ich, dass das einmal quer durch die gesamte Gruppe der Manager geht. Das ist auch keine Sache, die primär darauf abhebt, ob die älteren Manager primär mit neuen Tools umgehen können. Es geht vielmehr um eher alte Tugenden wie Unternehmertum, Vertrauen, Risikobereitschaft und Werteorientierung. Diese können wir nicht an einer Generation festmachen. Ich habe Manager über 60 kennengelernt, die genau das perfekt gemacht haben und ich habe junge Manager unter 30 gesehen, die sehr weit weg davon waren und mehr „Leuteverwalter“ als Unternehmer waren.

Die grösste Herausforderung bei der Umstellung der Kultur ist die Transformation: Wie kann man in den Unternehmen, in denen man eine große Anzahl von Führungskräften in den unteren Führungsebenen hat, diesen Wandel schnell vollziehen? In den letzten Jahrzehnten wurde Führung sehr stark auf einen eher tayloristischen Ansatz ausgelegt. Es ging darum, eine Anzahl Mitarbeiter durch Prozesse zu führen und zu beaufsichtigen, dass diese Prozesse eingehalten werden. Man hatte klare äussere Kennzahlen. Die Manager waren mehr Aufseher als Unternehmer. Das hat zwar nicht in Fabriken sondern in Büros stattgefunden, aber im Prinzip sind viele Abteilungen eher von einer Art Vorarbeiter geführt worden. Diese Art der Führung im Stil eines Vorarbeiters wurde oft ganz bewusst so gewünscht und vorgelebt. Führung im Stil eines Unternehmers erleben wir in freieren Teams. Diese Umstellung der Stile ist eine große Herausforderung. Das hat viel mit Entlernen und mit Loslassen zu tun. Die Art der Führung, die jetzt gebraucht wird, ist nicht etwas Neues und total Kompliziertes, sondern etwas, das auf gelernte alte Werte zurückgreift. Deswegen sehe ich das eher positiv. Ich sehe es aber auch als große Herausforderung in der Transformation: Man muss Dinge, die man sehr lange mit Erfolg gemacht hat, sehr schnell loslassen. Die Transformation braucht Mitarbeiter, die das von sich aus wollen und sie braucht Führungskräfte, die das erlauben und auch wollen. Wenn eine der beiden Gruppen diesen Wandel blockiert, haben wir ein riesiges Problem.

Sie schreiben dies ja auch in Ihrem Buch auf Seite 110: „Für uns ist die beste Prävention eine Neuerfindung der Arbeit, die auf Selbstorganisation von Mitarbeitern beruht sowie auf einer höheren Eigenverantwortung und einer Führung, die sich weniger als Kontrolleur versteht und viel mehr als Coaching der Mitarbeiter.“ Dieses Kontrollieren und das Micromanagement, die klaren Prozesse, die Haltung, Compliance ist wichtiger als Innovation, das sind Voraussetzungen, in denen Wissensarbeit wesentlich weniger gut gedeiht als in Umgebungen, die auf Selbstorganisation und Selbstverantwortung vertrauen.

Um sich dieser Frage zu nähern hilft ein Blick auf die unterschiedlichen Länder der Welt. In Bezug auf ihre Arbeits- und Wirtschaftskultur sind sich Deutschland und Japan sehr ähnlich – beide Länder kommen von ihrer Kernwertschöpfung mit klaren Werten von Qualitätssicherung, Kosteneffizienz, Verlässlichkeit, Effizienz und Lieferzusagen stark aus dem Industriellen. Das sind solche Tugenden, die sich direkt aus einer tayloristischen Weltsicht ableiten. Man ist in der Lage, vorgegebene reproduzierbare Ergebnisse in einer hohen Qualität und zu geringen Kosten zu produzieren. Natürlich ist da auch das deutsche und japanische Ingenieur- und Tüftlertum dabei. Das bringt auch einen starken Innovationsaspekt hinein. Aber die Entwicklung sehr hochwertiger replizierbarer Prozesse ist stark in die DNA unserer ganzen Wirtschaft eingebaut. Das macht es auch plausibel, warum dieser Wandel zu Wissensarbeit gegen so viele Hürden rennt. Das Alte war und ist sehr erfolgreich. Dass wir Dinge reproduzierbar mit hoher Qualität zu geringen Kosten produzieren wollen, ist ja nicht hinfällig. Es ist durchaus nicht so, dass wir plötzlich nur noch in der virtuellen Welt leben oder wieder komplett auf dem Dorf oder dem Bauernhof leben wollen. Der Wandel ist vielmehr, dass die Produktion noch zu einem viel höheren Grad vollautomatisiert werden kann, als man das sich vorher vorgestellt hat. Das umfasst sowohl die physische Fabrikproduktion, als auch die Produktverwaltung und die Produktentwicklung. Der ganze Produktionsprozess vom Endkunden bis zur Maschine kann in viel höherem Masse automatisiert werden, als man das vorher gedacht hatte. Das ist der eigentlich Grund dafür, dass Menschen jetzt in anderen Prozessen arbeiten. Diese Prozesse sind durch diese Negativdefinition eben nicht mehr ein Zuarbeiten in einem halbautomatischen Fertigungsprozess, sondern befinden sich eben in einem davon losgelösten Wissensprozess. Das ist etwas, was in den 80er Jahren vorhergesehen wurde, als man anfing den Begriff „Wissensarbeit“ zu prägen. Es passiert aber jetzt doch wesentlich schneller, als man damals vermutet hatte.

Arbeitsteilung, ausgeprägte Spezialisierung und Einhalten von Prozessen ist immer noch das Credo der meisten Unternehmen, sowohl in Deutschland, der Schweiz als auch in Österreich. Machen wir da nicht etwas grundlegend falsch? Wie sehen Sie das Thema Arbeitsteilung und Wissensarbeit?

Das ist eine spannende Frage, die wir auch schon viel diskutiert haben. Im Hinblick auf die Arbeitsteilung beobachten wir ein äußerst interessantes Phänomen: Einerseits erleben wir eine Entwicklung hin zu einer immer höheren Spezialisierung und Ausdifferenzierung unserer Arbeitswelt – in einem Maße wie sie es in der Menschheitsgeschichte noch nie gab. Die Frage ist jetzt, in weit ist eine zunehmende Spezialisierung gut oder schlecht für die Menschen.  Was uns bei unseren Überlegungen geholfen hat, war der ethische Blick von Karl Marx unter dem Aspekt der Entfremdung. Spezialisierung ist dann schlecht, wenn sie zur Entfremdung des Menschen führt. Entfremdung heisst, dass man von der Art der Tätigkeit, vom Tun und den Ergebnissen entfernt und abstrahiert wird. Das, was man macht, kann man nicht mehr in einen Kontext einbetten und man weiss nicht mehr, wofür man das macht. Der Beitrag und das Ergebnis der Arbeit bleiben im Gesamtzusammenhang isoliert. Eine Spezialisierung, die genau dazu führt, ist eine schlechte Spezialisierung. Man kann diese Marx-Perspektive, die damals für den industriellen Taylorismus geprägt wurde, auch 1:1 auf den Büroalltag übertragen. Das war für uns auch ein Augenöffner. Die Entfremdungskritik von damals lässt sich jetzt auf typische Büroprozesse anwenden. Und das was im Fernsehen durch die Figur des Bernd Stromberg persifliert wird, zielt genau auf die Entfremdung im Büro ab. Dort sitzen die Mitarbeiter bei der Capitol Versicherung im trostlosen Büro und haben auch keine Ahnung, was sie da eigentlich tun. Aus dieser Perspektive wird deutlich, dass Spezialisierung durchaus heißen kann, dass man zu bestimmten Themen Spezialwissen hat. Das muss auch so sein. Bei der Menge des mittlerweile vorhandenen Wissens ist eine immer höhere Spezialisierung nötig. Und Menschen müssen sich dieses Spezialwissen zum Beispiel durch Forschung aneignen.

Um damit wieder zu Ihrer Frage zurückzukommen: Wir beobachten einerseits eine hohe Spezialisierung. Andererseits und gleichzeitig wird aber auch eine hohe Kontexteinbettung immer wichtiger. Diese beschreibt, in welchem Zusammenhang und auch Wirkungszusammenhang dieses Wissen steht und was damit passiert. Das war früher mit der seriellen Denkweise nicht möglich. Wenn man Taylorismus im Sinne von Fliessbandarbeit versteht, kennt jeder Arbeiter ja nur den Arbeitsplatz links und rechts neben sich. Es gibt keine Netzwerkverbindung, die die zehn Plätze davor und danach sieht, bei denen dann irgendwann einmal der Kunde oder das Produkt sichtbar wird. In dem Moment, wo wir aber in der Lage sind, Arbeit in Netzwerkform zu organisieren, kann man beides kombinieren. Man kann sowohl Spezialist sein und mit zwei oder drei Leuten zusammenarbeiten, die genauso spezialisiert sind wie man selbst und gleichzeitig den Blick auf den Kunden haben oder auf das Endprodukt, obwohl das eigentlich von den Arbeitsschritten her gesehen, viele Schritte entfernt liegt. Man kann trotzdem diese Verbindung herstellen, um zu sehen wie das Teil, das man beiträgt, wirklich beim Kunden oder im Produkt ankommt. Das ist eben das wirklich Neue – dass man Mitarbeiter an weitgehend jedem Teil der Wertschöpfungs- bzw. Prozessketten organisatorisch in direkten Kontakt mit den Kunden und/oder Produkten bringen kann. Man kommt aus der Serialisierung heraus und baut Netzwerkprozesse auf, in denen diese Entfremdung kurzgeschlossen wird. Man ist gleichzeitig spezialisiert und generalisiert, um den Kontext, der um einen herum ist, deutlich breiter zu verstehen als zuvor.

Wie muss denn die Unternehmenskultur aussehen, damit Wissensarbeit erfolgreich in Unternehmen passieren kann?

Das ist eine sehr breite Frage. Ich glaube Unternehmenskulturen werden stark von der Identität des Unternehmens geprägt. Die Frage ist immer, was ist das Grundziel eines Unternehmens und woher kommt es historisch gesehen her. Da wird es wahrscheinlich verschiedene Ausprägungen geben. Der Begriff Unternehmen unterstellt ja, mehrere Menschen haben sich zusammengeschlossen, weil sie eine Idee haben und gemeinsam etwas unternehmen wollen. Dieser Gründungsakt, egal ob Erstgründung oder immer wieder die Neuerfindung, definiert ja erst ein Unternehmen. Für Microsoft hat Bill Gates früher postuliert, „A PC on every desk and in every home“. Das war Microsofts Gründungsakt. Letztes Jahr hat mit der aktualisierten Version “We want to empower every person and every organisation on the planet to achieve more“ eine Erneuerung und Weiterentwicklung stattgefunden. Der Gründungsakt beschreibt, was wir gemeinsam im Unternehmen tun wollen und das kann durchaus mehrmals in der Unternehmenshistorie passieren. Das sind schliesslich der Bezug und das Ziel, die vorgeben, was wir gemeinsam tun wollen. Da gibt es sicherlich Ziele und Gründungsakte, die besser zu einem Wissensarbeiter passen und andere, die weniger gut passen. Ein Gründungsakt, der sagt „wir wollen möglichst billige Ramschsachen herstellen, um ein bestimmtes Marktsegment zu bedienen“, ist wohl eher schwierig in eine Motivation für Wissensarbeiter zu übersetzen. Das heisst, die Art der Mission des Unternehmens ist eine Indikation in welche Richtung die Kultur gelenkt wird. Davon ausgehend gibt es viele Möglichkeiten wie das ausgestaltet werden kann. Es gibt gewisse Eigenschaften, die aus meiner Sicht für diese Arten von Organisationen sehr universell sind. Zu allererst sind diese Organisationen notwendigerweise vertrauensbasierte Organisationen, die sich aus dem Bewusstsein speisen, dass man die Komplexität, die der Markt mittlerweile vorgibt, nicht mehr mit einer zentral gesteuerten Organisation abdecken kann. Das heisst eine starre und zentrale Organisation würde die Fliehkräfte durch die Geschwindigkeit des Marktes nicht tragen können. Dazu gibt es eine sehr hellsichte Analyse von Nassim Taleb in seinem aktuellen Buch „Antifragilität“. Taleb sagt, dass Dezentralität und Autonomie notwendige Eigenschaften für Strukturen sind, die eine gewisse Grösse haben und trotzdem resilient, beweglich und schnell sein wollen. Unter dem Marktdruck, den gerade die großen Unternehmen spüren, merken diese, dass sie die Grösse nur aufrechterhalten können, wenn sie deutlich stärker dezentral arbeiten und nicht einer grossen zentralen Steuerung aufbürden, die Komplexität eines sich dynamisch verändernden Weltmarktes zu beherrschen. Das ist der erste wichtige Punkt. Der zweite Punkt ist, dass Dezentralität nur mit Vertrauen und Transparenz stabil organisatorisch implementierbar ist. Aus diesen beiden Punkten leitet sich sehr viel ab. Aus Dezentralität sowie Vertrauen und Transparenz folgt ein großer Fundus von Attributen, die eine solche Organisation definieren und umsetzen muss. Das sind die Nähe zu Kunden sowie eine Durchlässigkeit der Organisation. Das heisst, dass man eine Organisation so gestaltet, dass die Aussenumgebung, das heisst der Kunde, der Markt und die Wettbewerber eine grösstmögliche Kontaktfläche mit dem Unternehmen haben. Zusätzlich sollte man sicherstellen, dass jeder Mitarbeiter irgendetwas mit dem Markt zu tun hat. Und zwar in einer Art und Weise, dass die Mitarbeiter wirklich mit den Kunden in einem menschlichen Kontakt stehen. Kunden dürfen nicht nur Nummer 1, 2 oder 3 sein, sondern es muss eine soziale Kommunikation mit Kunden, Partnern oder anderen Stakeholdern in beide Richtungen stattfinden. Das sind recht abstrakte Prinzipien, aber wenn man die nun auf bestehende Unternehmen reflektiert, merkt man, dass diese sehr differenzierend sind, weil viele Unternehmen sich in den letzten Jahrzehnten dahingehend entwickelt haben, dass sie zum Markt hin sehr abgeschlossen sind. Es fliessen wenige Kundeninformationen hinein, weil die Unternehmen zentral aufgebaut sind, und es fliesst auch wenig in Form von Innovation heraus. Wenn ein Unternehmen dezentral und durchlässig ist, kann man sich auf die Probleme seiner Kunden konzentrieren. Der Kern des Unternehmens muss ja immer das Lösen eines Problems sein. Wissensarbeit ist Problemlösen. Wenn Unternehmen durch Wissensarbeiter geprägt sind muss sich das Unternehmen dem Lösen von immer wieder neuen Probleme verschreiben welche vom Markt und vom Kunden kommen müssen um relevant zu sein.

Wenn wir grosse Unternehmen in Deutschland betrachten, dort ist ja eher Zentralität im Fokus um die Effizienz der Prozesse zu sichern und auch um nicht an jedem Standort das Rad immer wieder neu zu erfinden. Wie kann man die Gratwanderung schaffen zwischen Autonomie, Vertrauen, Dezentralität, vielen Kundentouchpoints der einzelnen MA und trotzdem nicht an jedem Standort das Rad immer wieder neu zu erfinden

Ich denke, dass das Credo der Globalisierung, mit dem wir in den letzten 50 Jahren aufgewachsen sind, unter dem Motto stand, „think global, act local“. Wir erfinden den VW Käfer in Wolfsburg und produzieren ihn in Sao Paulo oder Mexico. Ich denke, dieses Thema dreht sich gerade exakt um. Das Credo für das 21. Jahrhundert ist, „think local, act global“. Damit meine ich, dass man aus Effizienzsicherungsgründen weiterhin zentrale Strukturen hat, die aber hoch automatisiert sind.

Die grossen Internetunternehmen, auch Microsoft mit den großen Cloud-Infrastrukturen, produzieren jetzt IT-Dienstleistung auf einer weltweiten Skala, die zwar noch lokale Rechenzentren haben, aber im Prinzip eine globale Fabrik sind. Das ist eine grosse Produktionsmaschine. Dieser Trend wird sich massiv fortsetzen. Es geht auf keinen Fall darum, im Zuge der Dezentralität alle Produktionsprozesse zu zerlegen. Dezentralität muss dort wirken wo Kundennähe wichtig ist, wo Strategie gemacht wird, wo nachgedacht wird. Überall wo Kundenbedürfnisse und Marktzugänge sind, muss dezentralisiert werden.

Das heisst nicht, wir bauen jetzt überall viele kleine Fabriken auf. Sondern in sehr globalen Strukturen, die hochzentralisiert gesteuert sind, hat man zwar eine große Fabrik, verfügt aber über lokale Marktzugänge mit lokalen Produktanpassungen. Im Prinzip kann jede Niederlassung für jeden Kunden sagen, wir machen das Auto in Gelb oder in Grün, größer oder kleiner. Die neuen Produktionsstätten haben so variable und universelle Prozesse, dass die zwar zentralisiert sind, aber dass die Inhalte der Prozesse komplett dezentral angepasst werden können. Das ist auch der Kern von Industrie 4.0. Das war vorher nicht möglich. Man hatte früher ein zentrales ERP System gehabt, was man so eng vorgeben musste, dass die zentrale Bereitstellung und zentrale Konfiguration immer gleich war. Heute ist die immer noch zentrale Bereitstellung hocheffizient, aber mit einer viel höheren Art von Flexibilität in der Konfiguration, weil man jetzt Prozesse effizient dezentral gestalten kann.

Ein weiteres Thema ist ja auch immer das Messen der Leistung von Arbeitnehmern. Wenn die Prozesse klar definiert sind, gibt es klare KPIs, die man messen kann. Bei Wissensarbeit ist es wesentlich schwieriger zu messen. Eine „Result-only“ Mentalität kann aber auch dazu führen, dass Mitarbeiter die einfachen Projekte bevorzugen um möglichst immer schnell Resultate zeigen zu können. Wer hat noch den Mut, schwierige und unsichere Vorhaben anzugehen?

Das ist in der Tat eines der Probleme, die man angehen muss. Der Weg dahin muss aus meiner Sicht vom Kunden und vom Markt kommen. Man hat als Unternehmen durch das was man tun will ein klares Messkriterium nach außen, wie erfolgreich ein Unternehmen am Markt ist. Wir bei Microsoft wollen Software und Lösungen verkaufen. Wieviel Kunden haben wir, was bezahlen die Kunden dafür, wie zufrieden sind die Kunden. Das ist der Moment der Wahrheit, das ist der wirklich KPI. Die Frage ist nur, wie bekommt man im Prozess, bis die Produkte auf den Markt sind, hin, dass alle Mitarbeiter intern ihre Leistung an diesem Aussenerfolg reflektieren können. Das ist das Kernproblem. Früher hat man die Arbeitsprozesse seriell zerlegt und Zwischen-KPIs eingeführt. Das kann weiterhin der Startpunkt sein. Letztendlich ist das aber kein Messproblem, sondern es muss ein Bewusstsein geschaffen werden, dass die einzige Wahrheit draußen am Markt ist. Mittlerweile scheinen viele Unternehmen vergessen zu haben, dass sich die Wahrheit draussen an dieser Schnittstelle Unternehmen – Markt befindet. Viele Unternehmen denken mittlerweile anscheinend, interne Kennzahlen sind das Wichtigste. Aber auch für diese Unternehmen ist der Markt, die Kunden, die Wettbewerber das letztendlich Entscheidende. Der Weg hin zu einer wieder dominierenden Aussenorientierung beginnt aus meiner Sicht mit der Arbeitsorganisation. Nicht das Messen sollte zunächst im Mittelpunkt stehen sondern die Organisation. Wie kann man es schaffen, dass die Tätigkeit jedes Einzelnen möglichst direkt einen kausalen Zusammenhang mit dem Ergebnis am Markt hat? Das ist der erste Schritt der Umorganisation. Wenn man in einem Unternehmen die Hälfte der Mitarbeiter in Prozessen hat, bei denen die Aussenwirkung der Arbeit auf diese Aussenziele nur äusserst mittelbar messbar ist, ist die Grundsatzfrage, braucht man diese Art der Arbeit überhaupt oder ist etwas falsch organisiert. Die Frage warum so viele Mitarbeiter keinen direkten Einfluss auf die Marktziele haben, muss ein Unternehmen beantworten. Das es immer einen kleinen Prozentsatz von internen Stäben oder von internen Organisationen gibt ist klar, aber das sollte immer eine Minderheit der Mitarbeiter sein.

Also sollte dieses Problem, dass wir bei Mitarbeitern gar nicht wissen, wie wir ihnen Ziele geben, die wir aussen messen können, immer nur ein Randproblem sein. Bei zehn Prozent der Mitarbeiter gibt es da irgendwelche Lösungen. Bei vielen Unternehmen ist es aber so, dass es sehr viele, ja sogar die Mehrzahl der Mitarbeiter betrifft. Dann haben diese Unternehmen ein grundsätzliches Organisationsproblem. In der Produktion kann man die Leute ja auch direkt an der Kundenzufriedenheit oder an Rückgabequoten der Produkte messen. Das sollte eigentlich ziemlich plausibel sein. Wieviel Ausschuss produziert man oder wie happy sind die Kunden mit der Qualität der Produkte. Das kann man über eine Umfrage relativ einfach machen. Das Hauptmesskriterium sollte jedem Mitarbeiter sofort zeigen, dass seine Arbeit direkten Impact auf die Kunden hat. Das machen viele Unternehmen auch schon. Es gibt viele Mittelständler, die da eine hohe Kundenorientierung haben.

Die andere Frage ist die der Zeitlichkeit. Bei Wissensarbeitern ist oft die eine richtige Idee ausschlaggebend, dass fünf Jahre später das Produkt Marktführer ist. Man muss eine gewisse Zeitlichkeit überbrücken. Man hat oft Ergebnisse, die extrem wertvoll sind, aber nicht innerhalb von einem Tag sondern erst innerhalb von drei Jahren wirksam sind. Daher muss man verschiedene Zyklen miteinander synchronisieren. Das ist die zweite schwere Aufgabe. Da spielt uns zum einen die Beschleunigung im Markt sehr stark in die Hände. In der Produktentwicklung im Automobilbau war es früher so, dass das Produkt, was heute entwickelt wird, erst in fünf oder acht Jahren im Markt war, weil man ja zum Beispiel erst mal eine Fabrik bauen musste. Das Problem war, wie bewerte ich den Ingenieur oder den Designer, der eine tolle Idee für eine neue Modellreihe hatte, aber später am Markt floppte. Da bietet uns die Digitalisierung heute die Chance von der Produktidee bis zur Markterprobung mittlerweile auf Wochen heruntergehen können. Wir haben heute Produkte, die wir prototypisch oder in ausgewählten Märkten nicht fünf Jahre später sondern eben durch automatisierte Fertigung und digitale Auslieferungsverfahren innerhalb von Wochen auf den Markt bringen. Das heisst wir können plötzlich Ingenieure und Entwickler am direkten Kundenerfolg noch innerhalb des laufenden Quartals messen. Das ist, glaube ich, das zweite Wesentliche, dass die zeitlichen Abstände in Wertschöpfungsprozessen sich jetzt massiv verkürzen. Auch bei Dingen, die früher zeitlich wahnsinnig vorgelagert waren und wo man früher interne Messgrössen machen musste, können wir jetzt den Erfolg direkt mit Marktgrössen belegen.

Wie sehen Sie die Vision der Zukunft, wie sehen Sie persönlich Ihre Arbeit 2020 oder 2030?

Mich motivieren zwei Themen. Zum einen finde ich es großartig, Organisationen in dieser Transformation zu begleiten. Gruppen oder Organisationen zusammenzustellen, diese zu führen und zu motivieren, dabei Menschen zu begleiten, sie dazu zu bringen in dieser neuen Art und Weise zu arbeiten, das ist ein starker Motivationsfaktor bei mir. Das ist auch gerade, was bei Microsoft passiert. Als Unternehmen, das aus 90 Prozent Wissensarbeitern besteht . Wir sind ja selbst gerade mitten dabei genau diese Strukturen umzubauen. In diesem Prozess mitgestalten zu können motiviert mich ebenfalls stark. Es ist zwar oft sehr anstrengend und auch mit vielen Frustrationen verbunden, wenn man merkt, wie schwierig das ist und wenn es doch nicht so schnell voran geht, wie man gerne hätte. Auf der anderen Seite sieht man dann aber auch die Erfolge ganz greifbar und oft schneller als man denkt, wenn man sieht, dass Teams die mit Vertrauen und Freiheit an großen Aufgaben arbeiten, plötzlich mit wunderbar kreativen, neuen Ideen kommen und diese selbständig innerhalb von Tagen umsetzen. Das ist das eine. Das andere ist, ich bin ja auch von Herzen Informatiker und Programmierer, und hier zu sehen, welche Möglichkeiten existieren, Produkte zu entwickeln, die man innerhalb von Wochen auf den Weltmarkt bringen kann, die man auch einer sehr grossen Anzahl von Leuten zur Verfügung stellt, dadurch direkt Feedback bekommt und die Produkte direkt verbessern kann. Diese sehr enge Interaktion mit Kunden und mit dem Markt, das motiviert mich riesig. In einer Art tätig zu sein, wo ich selbst meine eigenen Ideen mit dem direkten Feedback vom Markt schnell umsetzen kann und von der Idee zur Realisierung auf einem globalen Maßstab innerhalb von Wochen oder Monaten gehen kann, das ist auch etwas, was mich antreibt.

Sie haben erwähnt, dass Microsoft selbst diese Transformation durchmacht und Sie auch persönlich der ganze Prozess fasziniert. Wird Microsoft noch mehr zum Beratungsunternehmen im Bereich New Work?

Microsoft ist schon seit langer Zeit auch ein Beratungsunternehmen. Es gibt den grossen Bereich Microsoft Services innerhalb von Microsoft, der bei unseren Kunden mit seinen Consultants genau diese tut: Ursprünglich war das viel IT-Beratung, bei der wir Probleme lösten wie, z.B. wie unsere Kunden am besten ihre Server-Architektur implementierten, um Office zu betreiben – also ein starker Fokus auf IT-Infrastruktur- und Architekturberatung. Dieses hat sich inzwischen stark zur Lösungsberatung hin entwickelt, bei der wir Fragen beantworten, wie entwickelt man eine App auf Azure, die mit den Kunden kommuniziert bis hin zu, wie gestalte ich die Büroumgebung für Wissensarbeiter. Das war eine sehr nahtlose Entwicklung, die zwar aus der technischen Ecke initiiert wurde, aber immer auch in Richtung Innovationsberatung ging. Es ging also nicht nur um Technik im Sinne wie programmiert man etwas, sondern welche Innovation kann ich mit dieser Technik unterstützen. Zum Beispiel begleiten wir den DAX-Konzern Henkel bei seinem Großprojekt „Arbeitsplatz der Zukunft“. Hier hat Henkel im letzten Jahr das komplette Arbeitsplatzkonzept umgestellt. Auf der IT-Seite hat Accenture das Projekt umgesetzt, während Microsoft das Projekt inhaltlich begleitet und genau diese neuen Arbeitsplatz-Konzepte umgesetzt hat. Um damit auf Ihre Frage zurückzukommen – Beratung unserer Kunden im Thema „New Work“ machen wir ganz konkret heute schon. Gleichzeitig skalieren wir damit nicht soweit, dass wir das mit allen Kunden machen können. Deswegen hat Microsoft immer schon mit Partnern zusammengearbeitet. Da haben wir auf der IT-Seite sehr lange gute Erfahrung gemacht und wissen wie das geht und wie wir das zusammen mit den Partnern vernünftig anbieten können. Was sich jetzt ändert ist, dass wir bestehende und auch neue Partner dazu nehmen, die aus der Organisationsberatung kommen oder in einem für uns bisher neuen Kerngeschäft tätig sind. Unser Partner Plantronics z.B., der Headsets entwickelt, geht jetzt immer mehr in die Arbeitsplatzberatung hinein, weil die Kunden Headsets haben wollen um neue Arbeitsarten einzuführen und wissen wollen, wie das nun eigentlich geht. Es kommen jetzt ganz interessante Entwicklungen dazu, dass Unternehmen aus gewissen Branchen kommen und alle in Richtung „New Work“ konvergieren. Das macht es gerade sehr spannend.

Als Betreiber des Blogs „der wissensarbeiter“ interessiert mich natürlich, wie Sie es als Manager schaffen auch selbst Wissensarbeiter zu bleiben? Die Gefahr besteht ja immer durch die Hektik des „Daily Business“ zum Verwalter und zum Routinearbeiter zu „degenerieren“ – eine oft anzutreffende Managerkrankheit.

Ich versuche die Routinetätigkeit zu optimieren und ihr nicht zu viel Raum zu geben. Teilweise mache ich das, indem ich Dinge liegenlasse und Risiko eingehe. Das fällt mir manchmal dann auch auf die Füße, aber oft auch nicht. Man ist dadurch dauernd ausserhalb der Komfortzone und macht einige Routinesachen, wenn sie nicht Compliance-relevant sind, einfach auch mal nicht. Im Wesentlichen versuche ich natürlich durch Arbeitsorganisation oder durch Tools Dinge zu automatisieren oder durch Prozesse sicherzustellen, dass diese Routineaufgaben erledigt werden. Ich habe immer mal wieder auch Wochen mit Routinetätigkeit, wo ich denke, naja, das müsste jetzt vielleicht nicht sein, aber es ist tatsächlich gar nicht so viel. Wir sind bei Microsoft mittlerweile komplett papierlos. Das trägt viel dazu bei. Klar, gefühlt sind es immer noch zu viele. Der Weg ist Jahr für Jahr dies zu optimieren, um diese ganz abzuschaffen oder zu automatisieren.

Das heisst Sie versuchen auch persönlich mit den Tools möglichst viel zu automatisieren, z.B. im Outlook Regeln einzustellen um Mails in einen bestimmten Folder zu verschieben?

Ja genau. Oft sind das arbeitsorganisatorische Massnahmen wie z.B. mit Outlook. Tatsächlich liegen aber die grössten Effekte, die ich so beobachte, nicht in der Optimierung der bestehenden Prozesse, sondern in der Ablösung durch ganz neue Dinge. Zum Beispiel kommuniziere ich viele interne Dinge nicht mehr über Email, sondern über Yammer. Dann stellen sich oft auch neue Arbeitsweisen ein und man merkt dann, dass viele von den alten Prozessen gar nicht mehr benötigt werden. Das ist eigentlich der wichtigste Tipp, den ich geben kann. Man sollte immer regelmässig die existierenden Prozesse nicht nur unter dem Gesichtspunkt der Optimierung anschauen, sondern sich die Frage stellen: Brauche ich diese Prozesse noch? Warum habe ich diese damals eingeführt? Welches Problem wollte ich lösen? Gibt es dieses Problem überhaupt noch? Und würde ich die Lösung von damals wieder so machen? Das ist tatsächlich aus meiner Erfahrung der grössere Hebel als nur die bestehende Lösung weiter zu optimieren.

Welche Technologie und Tools können wir hierzu von Microsoft erwarten?

In den letzten fünf Jahren gab es zwei grosse Schritte. Zum einen haben wir alles rund um Office auf eine Cloud Infrastruktur gebracht. Damit können unsere Kunden und Nutzer nun auf nahezu unlimitierte Rechenleistung zugreifen. Im einfachsten Beispiel gehören in der Cloud-Welt die alten Größenbeschränkungen der Email-Postfächer oft noch 100 oder 500 MB endgültig der Vergangenheit an. Ebenso sind „Backups“ von Dateien nicht mehr notwendig. Zum anderen haben wir es im Bereich Mobile geschafft, dass man von jedem Endgerät auf Office zugreifen kann. Das war in den letzten 15 Monaten mit Office auf dem iPad, auf Android und auch die Browser-Version von Office in der Öffentlichkeit sehr präsent. Heute besteht für Office keine Bindung mehr an bestimmte Endgeräte oder Betriebssysteme. Office ist ein universeller Service geworden auf den man von jedem beliebigen Endgerät aus zugreifen kann und den Service nutzen kann. Diese beiden Themen – Cloud und Mobile – waren für unsere Office-Sparte der wesentliche Investitionsschwerpunkt der letzten Jahre. Die Cloud Infrastruktur erlaubt es aber nun auch Dinge mit Office zu machen, die man bisher nicht möglich waren. Mit Office Graph und der zugehörigen Anwendung Delve können alle Informationen rund um Produktivität wie Personen, Meetings, Dokumente oder Organisationsstrukturen digital verknüpft und auf intelligente Art und Weise verfügbar gemacht werden. Dazu wird ein sogenannter Wissensgraph aufgebaut, in welchem diese Informationen im richtigen Kontext miteinander in Beziehung gesetzt werden. Jetzt kann damit eine Frage beantwortet werden die z.B. lautet: „Gib mir die Präsentation, die ich vor zwei Wochen in einem Meeting in Köln gesehen habe, bei der Kollegen aus dem Vertrieb etwas vorgestellt haben.“ Das ist eine Frage, die ein genau definiteres eindeutiges Suchergebnis liefern kann. Die Antwort hierzu konnte bis heute nur ein menschlicher Assistent liefern während eine Suchmaschine kein Ergebnis ermitteln konnte, weil die Verknüpfung der Informationen fehlte. Genau das können jetzt aber Office Graph, die Technologie hinter Delve, und Delve. Wir vernetzen Informationen intelligent und können damit nun sogar Teile der Wissensarbeit automatisieren. Digitale Assistenten können uns also buchstäblich Wissen liefern, das bisher nur menschliche Assistenten generieren konnten. Die Idee ist, dass alle Informationen, die im Büroalltag durch Wissensarbeit entstehen, durch einen digitalen Assistenten verfügbar gemacht werden, unter vollständiger Beachtung der jeweiligen Vertraulichkeit und der Zugriffsrechte. Und das ist alles keine Zukunftsmusik. Die ersten Produkte sind als Teil von Office 365 bereits heute verfügbar, neben dem genannten Office Graph und Delve auch der intelligente Email-Dienst Clutter, der die Inbox vorsortiert, so dass die wichtigen Emails zuerst sichtbar sind, bis zu Cortana in Windows 10. Cortana, Urenkelin von „Clippy“ (Karl Klammer), hilft mir einen Termin zu verschieben und weiß, wo ich morgen hin muss. Hier kann man zum ersten Mal einen wirklichen intelligenten Dialogcharakter zwischen Mensch und Maschine beobachten, der einen klaren Weg in die Zukunft aufzeigt. Während vor 25 Jahren noch die Anwender buchstäblich tausende Seiten Handbücher wälzen mussten, um zu lernen, Office richtig zu bedienen, werden in naher Zukunft intelligente Assistenten lernen, ihre Benutzer zu verstehen und mit ihnen in einen intelligenten Dialog zu treten.

Der zweite Punkt wird sein, dass die Teamarbeit weiter ausgebaut wird. Das Thema Groupware d.h. technologische Lösungen, für das Problem, wie mehrere Menschen effektiv zusammenarbeiten, beschäftigt uns seit mehr als 30 Jahren. Die Realität ist immer noch, dass man in einem Meetingraum erst einmal eine Viertelstunde die Audiokonferenz zum Laufen bringen muss, das Flipchart abfotografiert, jemand hat die Meetingnotizen nicht bekommen, die Agenda ist nicht da, es ist unklar wo man etwas speichern soll, externe Projektmitglieder kommen nicht durch die Firewall. Die Liste ließe sich beliebig lang fortsetzten. Da werden wir immer schneller große Schritte sehen. Angefangen mit Surface Hub, Microsofts Großbild-Device für die moderne Zusammenarbeit in Unternehmen. Surface Hub ermöglicht digitale Anwendungsszenarien, welche über die klassischen Funktionen eines Whiteboards hinausgehen. Basierend auf der OneNote App und dank simultaner Stift- und Multi-Touch-Eingabe, lassen sich Inhalte leicht aus anderen Apps einfügen, bewegen und verschieben. Danach werden die Notizen mit einem Klick an die Meeting-Teilnehmer verschickt. All diese Automatisierung von Zusammenarbeitsprozessen wird einen riesigen Unterschied machen in den nächsten Jahren. Der dritte Punkt ist Storytelling. In der Bürowelt haben wir sehr lange Zeit durch Kommunikation mit PowerPoint Fakten mit Bulletpoints vermittelt und an die Wand geworfen. In der Wissensarbeitswelt geht es aber nicht so sehr um die Faktenkommunikation selbst. Es geht vielmehr um Storytelling, um Vermittlung von Kontext, um Vertrauen, um Ideen und Einsichten, um eine andere Art der Erzählform. Man vermittelt Kontext und Vertrauen nicht, indem man drei Bulletpoints hinschreibt. Man vermittelt das durch Bilder und Kontextbezug. Dafür Tools bereitzustellen, die die Vermittlung solcher Erzählungen einfach machen, die richtigen Bilder zu finden und die Geschichten zu erzählen, das ist ein großer Schwerpunkt für uns. Wir wollen erreichen, dass man die Geschichten auf allen Endgeräten konsumieren kann, dass man in eine durch Geschichten getriebene Kommunikation gehen kann. Egal ob das am grossen 100 Zoll Bildschirm oder auf dem kleinen Smartphone ist, die Geschichte soll immer in der richtigen Art erzählt werden. Am Ende ist es so, dass Bilder erzählt werden. Und heute ist es eben oft noch schwer, schnell die richtigen Bilder zu finden und die daraus erstellten Stories richtig zu präsentieren. Als vierten und letzten Punkt, der viel mit Teamkollaboration zu tun hat, sehe ich es dass man es schafft, die Kommunikationsweisen möglichst menschlich als Videokonferenz oder Hologrammkommunikation hinzubekommen, das man es schafft auch in einer digitalen und virtuellen Welt, in der die Menschen in verschiedene Zeitzonen unterwegs sind und auf anderen Kontinenten, dass man trotzdem diesen menschlichen Kontakt möglichst breitflächig und sinnlich herstellt.

Die digitale Isolation, die man heute sehen kann, bei der sich Teams nur noch Emails schreiben, führt mit der Zeit nahezu unaufhaltsam zu einer schleichenden Verrohung. Da schreiben Mitarbeiter zum Beispiel Emails und drohen den Chef auf CC zu setzen, wenn der Kollege etwas nicht liefert. Dinge, die man im normalen vertrauenswürdigen Umgang, bei dem man sich in die Augen schaut, nicht machen würde. Aber durch die gefühlte digitale Distanz passiert dies dann trotzdem. Diese Distanz zu verhindern und eine möglichst breitbandige Kommunikation mit seinen Kollegen zu haben, die einem helfen, den anderen als Menschen zu sehen. Ein breite Kontaktfläche entsteht entweder durch eine hohe Kommunikationsfrequenz, wie z.B. bei Facebook, wo ich bei meinen Freunden immer wieder sehe, was sie gerade machen, oder durch eine tiefe Kommunikation, bei der man über Video- und Hologrammkommunikation ein sehr direktes Bild von den Menschen bekommt. Das wird sehr wichtig sein, um Zusammenhalt in einer Organisation zu haben, die sich nicht mehr dauernd im Echtraum begegnet.

Das sind sehr interessante Zukunftsperspektiven, die uns da erwarten. Da bin ich sehr gespannt.

Ja, das wird sehr spannend. Das sind teilweise Dinge, die fast schon aus Science Fiction entlehnt sind, die aber sehr bald kommen. Wenn man sich den Skype-Translator ansieht, der Echtzeitkommunikation in Skype Videokonferenzen in der Muttersprache ermöglicht. Der Chinese spricht Chinesisch und der andere Teilnehmer Deutsch, das geht jetzt tatsächlich, die Technologie ist heute öffentlich verfügbar. Das ist von der Qualität noch nicht 100 Prozent fliessend aber bereits deutlich besser als wenn beide nur gebrochen Englisch sprechen würden. Und ich erwarte, dass es in wenigen Jahren nahezu fliessend sein wird. Man wird sicherlich auch in zehn Jahren noch nicht beamen können, aber manch andere Dinge aus der gängigen Science Fiction-Literatur werden sehr realistisch sein.

Herr Hübschen, besten Dank für das interessante Gespräch.

 

 

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