Mit diesem Artikel möchte ich eine Serie von Blogposts über die Zukunft der Arbeit starten. Die Arbeitsmärkte und damit auch die Gesellschaften in allen westlichen Ländern stehen vor enormen Herausforderungen, das bisherige Lebensparadigma einer Arbeitsgesellschaft aufrecht zu erhalten. Aus einer Vielzahl von Quellen möchte ich verschiedene Aspekte beleuchten, die zeigen, welchen Herausforderungen wir gegenüberstehen. Zwar träumen die Politiker immer noch von einer Vollerwerbsgesellschaft, die Fakten zeigen aber, dass wir uns von dieser mit jedem Jahrzehnt ein gutes Stück entfernen. Man darf den Politikern nicht übel nehmen, dass sie dies verschweigen, denn damit kann man keine Wahlen gewinnen – was ja die Hauptaufgabe von Politikern ist. Das ist jetzt ein wenig zynisch, aber die Talksendungen nach Wahlen in Deutschland zeigen jedes Mal den Realitätsverlust der meisten Politiker gerade beim Thema Arbeit auf. Aber zum Glück gibt es ja im Internet eine freie Meinungsbildung, wie zum Beispiel in diesem Blog. Hier möchte ich Ihnen die Gelegenheit geben, meine Argumentation mit den genannten Quellen selbst basierend auf Ihrer Erfahrung zu reflektieren um sich ein eigenes Bild der Situation zu machen. Sie brauchen mich weder zu wählen, noch verdiene ich Geld damit, wenn Ihnen mein Blog gefällt. Also, auf geht’s zur Zukunft der Arbeitswelt.

Harold Jarche hat eine schöne Grafik erstellt, die zeigt, wie sich der schon seit mehreren Jahrzehnten langsam vollziehende Meta-Sektorielle Strukturwandel auf unsere Arbeitswelt auswirkt. Die Grafik ist von mir nachgezeichnet und leicht modifiziert.

ZukunftDerArbeit_Jarche_jdi

Routinearbeit, das ist zum Beispiel die standrardmässige Bearbeitung von Spitalrechnungen in einer Krankenversicherung oder die manuelle Fertigung von Moskitonetzen. Beides sind Beispiele für Bearbeitungsprozesse, die erfolgreich automatisiert wurden.

Facharbeit, bei der die Beschäftigten aus einer beschränkten Auswahl von Optionen Entscheidungen treffen müssen um ein Werkstück oder eine stornierte Bestellung zu bearbeiten, können sehr gut outgesourct werden, da die Beschreibung der Arbeitsschritte sowie der Logik für die Auswahl von möglichen Bearbeitungsschritten nahezu eindeutig möglich ist.

Sobald nicht mehr ganz so einfach erlernbare handwerkliche Fähigkeiten hinzukommen und die Beschäftigten für ihre Effektivität und Effizienz gewisse Entscheidungen basierend auf handwerklichem Können und Erfahrung fällen müssen, sieht es mit Automatisierung und Auslagerung in Billiglohnländer deutlich schlechter aus. Beispiele sind Chirurgen, die zwar immer wieder Blinddarmoperationen durchführen, aber eben auch je nach Situation immer die richtigen Entscheidungen darüber treffen, ob überhaupt, wann und wie operiert werden muss.

Bei echten Wissensarbeitern, die bei nahezu jeder Aufgabe  Neues entwickeln müssen, da der Lösungsweg und die Lösung zum grossen Teil unbekannt sind, müssen auf ihr Tacit Knowledge vertrauen und lernen bei jeder Problemlösung sehr viel Neues dazu. Das Lernen findet hier auch sehr stark informell statt, d.h. also während des Schliessens der Wissenslücke bei der Suche nach einer passenden Lösung. Im Gegensatz dazu erfolgt Lernen bei Routinearbeitern nahezu vollständig durch formale Qualifikationsmassnahmen wie z.B. ein Kursbesuch zur Bedienung einer Wurstschneidemaschine. Erst wenn diese Maschine durch eine neue ersetzt wird, muss der Arbeiter wiederum in der Bedienung der Maschine geschult werden.

Entscheidend für die westliche Welt ist die Tatsache, dass mit Arbeit, die in der obigen Grafik eher rechts in Richtung Wissensarbeit geht, eine deutlich höhere Wertschöpfung erzielt wird als bei standardisierten Routinearbeiten. Höhere Wertschöpfung heisst im Normalfall auch höhere Löhne und sicherere Arbeitsplätze.

Eine Antwort »

  1. Guter Beitrag! Bin schon gespannt auf weitere. Viele Grüße, Alexander Stocker

  2. […] Fachkräftemangel, Gesellschaft, Knowledge Work, Routinearbeit, Wissensarbeit trackback Im ersten Beitrag dieser Serie über die Zukunft der Arbeit habe ich das Modell von Harold Jarchevorgestellt. Harold Jarche behauptet, dass Routinearbeit und […]

  3. […] produziert über die Geschichte und die Zukunft der Automatisierung. Das vierte Video bestätigt die Aussage der im ersten Artikel dieser Serie „Zukunft der Arbeit“ gezeigten Grafik von…: Routinearbeit wird immer weiter […]

  4. […] Die Globalisierung und der technische Wandel bewirken, dass Arbeiten der Typen A und B wesentlich stärker von Automatisierung und Outsourcing betroffen sind als die Arbeiten der Typen C und insbesondere D. Besonders der Arbeitstyp D lässt sich kaum automatisieren und auch nur unzureichend beschreiben, damit ein Teil davon ausgelagert und in einem Billiglohnland durchgeführt werden kann (siehe auch Artikel im Blog mit einer anschaulichen Grafik von Harold Jarche). […]

  5. […] Auch Harold Jarche hat auf diese Entwicklung schon vor vielen Jahren immer wieder darauf hingewiesen. Siehe auch den ersten Artikel aus der Serie zur Zukunft der Arbeit. […]

  6. Blogbuehne sagt:

    Ab kommenden Jahr werden (laut SZ vom 25.3.) für die Errechnung des BIP
    (Bruttoinlandsprodukts) auch illegale Geschäfte berücksichtigt. Die durch
    Zigarettenschmuggel, Drogenhandel und Schwarzarbeit erwirtschaftete Leistung wird (als
    Schätzwert bis zu 15% = 140 – 420 Milliarden Euro) mit in die volkswirtschaftliche
    Gesamtrechnung aufgenommen. Erweitert das den Arbeitsbegriff? Das Selbstverständnis
    von Dealern? („Hörense mal, Herr Wachmeister, ick mach hier nur meine Arbeit“) Denken
    Sie darüber nach. Sprechen Sie darüber mit dem Rauschgifthändler Ihres Vertrauens.

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